Schiff African Queen

Auf Achse

Während ich auf der alten Wüste-Zeiten-Website gut 10 Jahre lang Gleichgesinnte zum Wüstenwandern gesucht habe, bietet diese Stelle nun stattdessen die Möglichkeit, über das Lesen der Reiseberichte im Nachherein an einigen meiner Reisen teilzunehmen.
Ich habe sie ausgesucht nach drei Kriterien: Wüste – Afrika – Stille und Einsamkeit.

Sie greifen also Reisen in andere Wüstenregionen oder in Länder Afrikas auf. Afrika, als dem Kontinent, zu dem es mich nach etlichen Reisen in auch andere Teile unserer Erde, immer wieder zurückzieht. Ein weiteres Auswahlkriterium sind Reisen, in denen Alleinsein und Stille im Vordergrund stehen. Insofern finden sich hier auch meine Aufzeichnungen der noch andauernden, annähernd 3.600 km langen Umwanderung Deutschlands auf seinen Landesgrenzen, einem Projekt von vielleicht 18 Jahren.

Noch bieten die nachstehenden 12 Bilder nur einen kleinen Vorgeschmack auf das, was im Laufe der nächsten Monate bis Ende 2013 noch in Worten und weiteren Bildern hier hinzugefügt werden wird: eine Fahrradtour herum um Israel an dessen Grenzen, eine 650 km lange Bahnfahrt auf einem der schwersten Züge der Welt ins Innere Mauretaniens, die Deutschlandumrundung, die über 1.200 km lange Durchquerung Tansanias auf deutschen Geleisen, eine Wanderung durchs Wadi Rum in Jordanien, die Überwindung des Großen Atlas in Marokko bis hin zur Fahrradtour vor die Tore von Marrakesch...

Auch in diesen veröffentlichten Berichten geht es nie um Objektivität. Immer steht mein persönliches Erleben im Vordergrund meiner Schilderungen. Ebenso selbstverständlich wie jedem Leser eine völlig andere Wahrnehmung zuzustehen ist. Was der eine als leise empfindet, ist für den anderen still. Wo der eine sich alleine sieht, fühlt sich der andere einsam...

Trans-Westafrica 1987 - Mit "Öffis" durch neun Staaten Westafrikas

Burkina Faso, Togo, Benin, 1991 - Mit dem Rad von der Sahelzone an den Atlantik

Marokko 1995 - Mit dem Fahrrad über den Großen Atlas nach Marrakesch

Marokko 2006 - Wandern in Schnee und Wüstensand

Mauretanien 2007 - Mit dem schwersten Zug der Welt in die Sahara

Jordanien 2008 - Auf den Spuren von Lawrence v. Arabien: Wandern im Wadi Rum

Israel 2009 - Tausend Kilometer Grenzerfahrung auf dem Bike

Tansania 2011 - Auf deutschen Gleisen an den Tanganjika-See

"Der Grenzgänger" - Auf der Grenze zu Fuß um Deutschland

Kamerun-Gabun 2015 - Zwischen Boko Haram und Albert Schweitzer

 

Trans-Westafrica 1987

Mit „Öffis“ durch neun Staaten Westafrikas
Reisepartner: Dierk Resech

Eigentlich eine Unternehmung, die so gar nicht gutgehen konnte: am 01. August 1987 brechen wir auf, um ausschließlich auf dem Landwege mit meist einfachsten Fortbewegungsmitteln neun Länder in dieser Reihenfolge zu bereisen: Nigeria-Ghana-Benin-Togo-Elfenbeinküste-Guinea-Guinea Bissao-Senegal-Gambia.
Einmal abgesehen davon, dass es sich in etwa um die Distanz der Strecke Oslo - Gibraltar handelt, und auch abgesehen von der notwendigen Überquerung zahlreicher Grenzen und dem Ausgenommenwerden durch noch zahlreichere Grenzposten, herrscht im August in Teilen dieser Länder Regenzeit. Das bedeutet unbeschreibliche Schlammpisten, Nässe, Dreck, ständiges Auf- und Absteigen aus überfüllten Buschtaxis und überladenen Lkw´s, Felgenbrüche, Pannen, Einschlammen. Reparaturstopps über Tage. Im Ungewissen. Im Regenwald Guineas. Ohne die passende Währung.
Aber immer unter dem Schutz und der Fürsorge von den uns umgebenden Menschen. Mal bietet man uns eine strohgedeckte Rundhütte als Bleibe für einige Tage an, mal wird uns frisches Brot unentgeltlich und unaufgefordert vorbeigebracht. Wir schlafen in Wohnungen und Hütten von Menschen, die wir gerade eben kennengelernt und schon wieder verlassen haben. Wir sitzen auf Kfz-Dächern im Regen und werden von Baumzweigen durchgepeitscht, wir sortieren rund 24 Kniee auf einer Sitzfläche, wo nach unseren Maßstäben allenfalls 6 Personen Platz fänden, wir halten uns krampfhaft fest auf dem um Haaresbreite umkippenden Pataten-Lkw.
Wir leiden mit, aber vor allem wir lachen auch mit unseren Leidensgenossen. Ja, wir entdecken plötzlich gar genau den VHH-Bus, mit dem mein Vater viele Jahre von Bad Bramstedt nach Hamburg zur Arbeit gefahren war. Nun sitzen Hühner auf seinem Stammplatz…
Wir sind plötzlich wegen der Schlammpistenumleitung in einem Land, wohin wir weder wollten noch wofür wir ein Visum und Währung haben (Guinea Bissao). Und so sitzen wir auch einen Tag im Gefängnis im Senegal wegen scheinbar illegaler Einreise. Dennoch: es wird eine so anstrengende wie großartige Reise, die man nur in genauso einer menschlich großartigen Umgebung durchhalten kann wie wir sie erlebt haben.
(Überfallen und mit Messern bedroht wurden wir erst am letzten Tag in der Metro – in Paris…)

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Marokko 1995

Mit dem Fahrrad über den Großen Atlas nach Marrakesch
Reisepartner: Dierk Resech

Acht Tage im November 1995: eine von vier Fahrradtouren auf dem afrikanischen Kontinent und wieder mit einer neuen geologischen Herausforderung: die Überquerung des Großen Atlas. Während es am tunesischen Sahararand der ständige Wind war und, später, 1991 uns das Tropenklima arg zusetzte, ist es nun die Kälte und Nässe auf über 2000 Metern.
Agadirs Flugplatz ist schnell verlassen und liegt günstig; denn wir wollen uns von Süden her an den Aufstieg machen. Hier unten ist es noch angenehm warm, und Taroudannts 6 Meter hohe Lehmmauern, an deren Fuß wir Pause machen, geben an uns die gespeicherte Sonnenwärme ab. Diese uralte Berberstadt gilt als kleine Schwester von Marrakesch und liegt in der Sous-Ebene, einer der fruchtbarsten Landstriche Marokkos. Hier werden Bananen angebaut, es gibt Zitrusanpflanzungen und riesige Gemüsefelder. Die üppigen Gärten der Stadt sind voller Palmen, Bougainvillea und Rosenstöcke.
Doch dann biegen wir nach Norden ab und erklimmen in 2 Tagen den Tizi.N.Test-Pass. Auf einer Straße, die durch eine neue, schnellere ersetzt wurde und insofern nahezu verkehrslos ist. Das richtige für uns. Auf halber Höhe übernachten wir. Es wird nass, es wird kalt. Oben, auf 2093 Metern Höhe, wärmen wir uns in einer Unterkunft bei einem Tee am Ofen, bevor es wieder bergab geht und wir erneut zu frieren beginnen, weil wir nichts tun müssen außer zu bremsen.
Ein starker Wind weht den Bergrücken hinab und schiebt uns kraftvoll in Richtung Marrakesch. Unvergeßlich ein namenloses Kaff, dessen Ortseingang und -ausgang in Ermangelung von Toiletten erbärmlich nach Exkrementen stank. Ausgerechnet hier mussten wir übernachten und wurden im Hotel eingesperrt. Ohne Toilette!!! Endlich in Marrakesch angekommen wird diese Stadt zu einer meiner weltweiten Lieblingsstädte. Ich werde sie noch des Öfteren besuchen. Wir erholen uns hier nur eine Nacht, suchen auf dem Djemaa el Fna (dem „Platz der Gehenkten“) die Orangensaftstände und Dierk traditionell einen Barbier auf.
Nun beginnt die letzte Herausforderung: der Weg von Marrakesch zurück nach Agadir. Natürlich wählen wir nicht die einfache und schnelle neue Straße sondern suchen nach der alten Off-Road-Piste. Wasserfurten, tiefe Krater auf der Strecke und endlose Geröllflächen lösen sich ab. Es grenzt schon an ein Wunder, dass außer einem Platten keinerlei Materialschäden auftreten. 575 spannende Kilometer!

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Burkina Faso-Togo-Benin 1991

Von der Sahelzone an den Atlantik mit dem Tiger im Fahrradtank
Reisepartner: Dierk Resech

Was hat uns da geritten? 1000 Meilen (ca. 1.600 km) per Rad – davon zu gut einem Drittel bewusst offroad – von Ouagadougou/Burkina Faso nach Cotonou/Benin. Das allein wäre für die zur Verfügung stehenden 4 Novemberwochen genug Herausforderung gewesen. Doch zu jener Zeit bin ich beim Deutschen Roten Kreuz verantwortlich für Kriegsflüchtlinge. Etliche Familien machen Zwischenstopp in Deutschland, bevor sie erneut auf alles Hab und Gut verzichten und in die USA weiterwandern dürfen. Hierzu gehört eine Familie aus Sri Lanka, die mir zum Abschied einen riesigen Plüschtiger schenkt, und genau der ist es, dem wir (nach einer feuchtfröhlichen Nacht, auf der jegliche zoologischen Kenntnisse verloren gingen) „seine Heimat" zeigen wollen. Schon am Frankfurter Airport hört man aus dem Munde der eincheckenden Bodenstewardess: „Ist der süüß!".
Und dabei ging es ursprünglich doch „nur" darum, in Pentouango/Burkina Faso die während unseres privaten Brunnenprojektes 1983 in reiner Handarbeit gebauten Brunnen zu inspizieren. Gibt es sie noch? Haben sie die Lebensqualität der Menschen verbessert?
Unvergessen die ersten zwei-, dreihundert Kilometer auf aufgeheizter, klebriger Teerdecke von Burkina Fasos Hauptstadt nach Fada N´Gourma. Immer nach Osten, immer gegen den Wind, der die Lungen verbrennt, jeden Kilometer zur Qual macht. Der extra in das Fahrradrahmen-Dreieck einpasste Wassertank scheint dauernd leer zu sein. Eigentlich sind wir schon jetzt am Ende. Eigentlich...
Denn ab dort fahren wir in die Savanne, nach Süden. Mannshohes Elefantengras, Piste, Trampelpfade, viele Kurven, „Wellblech" oder Sand und hinter jeder Kurve neue Überraschungen: Frauen mit Tongefäßen auf dem Kopf, Männer ebenfalls auf überladenen Fahrrädern, barfüßige Kinder, Matschlöcher, Wasserfurten, abgebrochene Brücken, Pavianhorden (im Parc National de Keran).
Allen Menschen gemeinsam ist aber die ungeteilte Aufmerksamkeit, die sie unserem Beifahrer auf dem Gepäckträger widmen. Kreischen, Weglaufen, schallendes Gelächter, Schweigen – alles kommt vor angesichts des schäferhundgroßen Tigers, der auch für einen Hund gehalten wird. Auch in dem Wissen, dass man während der Pausen in Afrika selten allein bleibt, so ziehen sich die Zuschauerkreise um uns herum noch enger. Kaum jemand wagt es, den Tiger von sich aus zu berühren, eher wird der Nebenmann vorgeschubst. Unglaubliche Fotoszenerien entstehen. Letzten Endes ist der Spaß immer der Sieger.
Erwartungsgemäß ist die Essensversorgung auch hier, abseits großer Verkehrswege, eher unproblematisch: was gesehen wird, wird gegessen. Frische Ananas, verbotene Salate, gebratene Chicken, Pataten. Da ist die Trinkwassersituation schon bedenklicher. Nicht immer wissen wir, ob das Wasser sauber ist und aus Tiefbrunnen kommt.
Bevor wir in Togo einradeln, besuchen wir die gut 7 Jahre alten selbstgebauten Brunnen. Ja, sie stehen noch, sie führen immer noch Wasser, aber: in Pentouango wohnen nur noch Greise, die Jugend hat es in die Großstädte gezogen...
Ein weiterer Jungentraum von mir wird im Urwald wahrgemacht: Tarzan nicht nur bewundern sondern selber sein und sich – völlig idiotisch angesichts der Verletzungsgefahren nicht zuletzt durch unerwartete Vier-, Acht- oder Tausendfüßler – an Lianen durch das Blätterdach hangeln.
Je weiter wir nach Süden und damit ins Tropenklima kommen, je häufiger sehen wir Schlangenspuren im Sand. Spätestens im südlichen Benin können wir nicht mehr im Zelt nächtigen und kommen unter in erbärmlichen Absteigen. Sie starren vor Schmutz. Zum Schutz vor Ungeziefer stellen wir unser Schutzzelt auf dem Bett auf. Dierks Packtaschen werden dennoch von Ratten durchnagt.
Dann schließlich der Atlantik. Das Ziel. Erleichterung, Erholung, Erfrischung! Was wir zu diesem Zeitpunkt noch richtig einschätzen: die Fieberanfälle, die Dierk in den letzten 3 Hoteltagen in Cotonou hat, sind die Vorboten einer sehr schweren Malaria Tropica...

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Marokko 2006

Wandern in Schnee und Wüstensand
Reisepartner: Jörg Cordes, Steffen Woellner, Jürgen Rochlitz, Wolfgang Lübke

Es ist schon eine Herausforderung, einen Rucksack zu packen, der die passende Ausrüstung sowohl für Temperaturen unter dem Gefrierpunkt auf verschneiten 2.300 Metern im Großen Atlas als auch für die anschließende Wanderung in Wüstenrandgebiete beinhaltet. Diesen dann auch noch zwei Wochen lang zu tragen ist ein Kraftakt.
Im April 2006 ist es soweit: Wir, alles Saharawanderer, wollen den Großen Atlas überwandern – und: wenn man denn schon da ist – im Anschluss daran das Dades-Tal erkunden und zuzuschauen wie – noch weiter südlich – der Draa im Wüstensand versickert.
Alles beginnt und endet in einer meiner Lieblingsstädte: Marrakesch. Multikulti. In-Stadt. Die ca. 18 Kilometer lange Stadtmauer. Zwar hat der sagenumwobene Djemaa el Fna (Platz der Gehenkten) jetzt eine Teerdecke, doch immer noch besticht die abendliche Szenerie mit ihren Gauklern und Schlangenbeschwörern, Vorlesern und Wahrsagerinnen, Künstlern und Musikern sowie Garküchen und Saftständen. Egal, ob ich nach der Ankunftsnacht lange mit den eingefangenen Flohstichen zu kämpfen habe oder auf der Rückreise dort eine Nacht mit 40° Fieber und Dauererbrechen verbringen muss. Wozu hat man Reisepartner?! Sie schleppen mich im Fieberwahn in ein etwas besseres Nachbarhotel.
Es ist ein großes Erlebnis, über den „Grand Atlas" zu wandern rechts neben sich den Mount M´Goun mit über 4.000 Metern Höhe. Eiskalt ist es des Nachts. Ich bin für meinen sehr warmen, sehr schweren Schlafsack dankbar. Ein Zelt lässt sich nicht aufbauen in dem Geröllschutt, eine glatte Liegefläche finden schon gar nicht. Ein Schafunterschlupf ist günstiger, egal wie er riecht. Morgens durchwandern wir Schneefelder bei wolkenlosem Himmel, erreichen den Pass. Für mich ein Erlebnis, so hoch und doch höhenangstfrei zu sein. Dieses stumpfe Gebirge macht es mir einfach. Wir begegnen immer mal wieder Eselskarawanen. Viele Dörfer sind nur zu Fuss erreichbar, weshalb wir tagelang keine weiteren Ausländer treffen. Nicht nur einmal werden wir um Medikamente, gar Behandlungen gebeten. Weltabgeschieden und gastfreundlich uns Fremden gegenüber zugleich. Nahezu jeden Abend finden wir eine feste Behausung zum Essen und schlafen. Und sei es in einem Pferdestand. Der Pfefferminztee ist obligatorisch.
Die gewählte Reisezeit resultiert aus der Überlegung, nicht zu sehr in die heiße Sommerzeit zu geraten, jedoch spät genug, so dass der Flusslauf des Dades dank abgelaufenen Schmelzwassers überhaupt begehbar wird. Und er ist es, macht es aber dennoch erforderlich, drei Tage lang mehr oder weniger ganztags im Wasser zu wandern. Mit Schuhen oder in Sandalen, mit Strümpfen oder ohne, mit einem oder zwei Walking-Sticks: jeder versucht seinen Weg mit dem einzigen Ziel; nicht auszurutschen und den Inhalt des Rucksacks zu durchnässen. Fast alle schaffen es. Steffen jedoch stürzt. Alles nass. Eine unglaublich beeindruckende Art zu wandern. Mal liegt linker Hand eine verlassene Festung in der heißen Sonne, mal versteigen wir uns rechts auf einem immer schmaler werdenden Pfad, der jäh endet. Und schließlich ein ernüchternder Blick auf Jürgens Füße. Er wandert seit Tagen im Wasser ohne Strümpfe in den Sandalen. Folge eine schlimme Sonnenbrandwunde auf dem Fußrücken. Blasen. Dennoch: er geht weiter. Ohne Klagen!
Noch weiter im Süden laufen wir an riesigen Rosenblütenfeldern vorbei, ahnen den Duft des späteren schweren Rosenparfüms und – öls. Begleitet vom immer langsamer fließenden und immer schmaler werdenden Draa. Noch einmal bietet er einer großen Gruppe waschender Frauen Platz für ihre bunten Stoffe, dann nur noch ein Teich, dann Tümpel, dann Pfütze, dann...?

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Mauretanien 2007

Auf der Schiene in die Sahara
(Reisepartner: Dierk Resech)

Mauretanien, Nouakchott – selbst im Reisebüro treffen wir auf unsichere Blicke, werden aber wenigstens nicht mit Mauritius-Reisenden verwechselt. Kaum jemand weiß sofort Lage und Hauptstadt zu benennen, niemand war bisher dort oder kennt einen, der dort war.
Auch ich höre erst anno 2000 zum ersten Mal mit Bewusstsein diese Namen als Rüdiger Nehberg von genau hier aus mit seinem Einbaum zur Atlantiküberquerung nach Brasilien startet. Mittlerweile habe ich etliche Saharaländer bereist und will nun endlich wissen, wo sie denn anfängt – oder endet.
In den üblichen Reiseführern gibt es nicht viel zu lesen über diesen Wüstenstaat, der etwa dreimal so groß wie Deutschland ist, jedoch nur von knapp 3 Millionen Menschen bevölkert wird. Und gar nichts finden wir über unser Hauptreiseziel: den Erzzug, der als der schwerste der Welt gilt und auf knapp 700 Kilometern direkt aus der Sahara Eisenerz in die Hafenstadt Nouadhibou transportiert: drei gigantische Dieselloks am Anfang und eine am Ende bilden mit knapp 200 Loren-Waggons einen zwei Kilometer langen eisernen Koloss. Dass gerade Ramadan ist, erleichtert nicht unbedingt das Reisen unter diesen ohnehin beschwerlichen Bedingungen. Doch wir erreichen die Endstation und steigen nach einem langen Tag und einer schlaflosen Nacht aus dem Zug. Wie komfortabel war da doch die voran gegangene Etappe, auf der uns ein überfüllter Bus in acht Stunden und Sandsturm die 460 km von Nouakchott nach Nouadhibou brachte!
Ein geologisches Phänomen, das mit seinen konzentrischen Kreisen selbst noch Astronauten als Orientierung dient, ist das „Ochsenauge", der Gelb Er Richat, ein kraterähnliches Gebilde mitten in der Wüste mit einem Durchmesser von 45 Kilometern. Ursprünglich als Meteoritenkrater definiert haben Forschungen belegt, dass es sich um einen „verhinderten" Vulkan handelt.
Auf unserer 2.500 Kilometer langen Reise besuchen wir weiterhin uralte Karawanenstädte (Oudane), die heimliche Hauptstadt der Mauren (Atar), Felsmalereien in Agrouar und halten schließlich in einer der sieben heiligen Städte des Islams, in Chinguetti, tausend Jahre alte Pergamente in den Händen.

Einen ausführlichen Bericht finden Sie auch im Hamburger Abendblatt.

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Jordanien 2008

Auf den Spuren von Lawrence v. Arabien: Wandern im Wadi Rum
(Reisepartner: Steffen Woellner, Jürgen Rochlitz, Wolfgang Lübke)

Nicht selten war es die exotische Wirkung eines Ländernamens auf mich oder die Erinnerung an alte Geschichten, die mein Augenmerk auf dieses oder jenes Reiseziel richteten. In diesem Fall war es der auf dem Filmplakat in die ferne gerichtete Blick von Lawrence v. Arabien alias Peter O´Toole sowie der offizielle Name: Haschemitisches Königreich von Jordanien. Trotzdem dauerte es 12 Jahre vom ersten ausgeschnittenen Zeitungsartikel bis zur Umsetzung der Reise in die Tat.
Der Taxifahrer, der uns nach der langen Anreise über Sharm el-Sheikh (Ägypten) und das Rote Meer von der Hafenstadt Aqaba in die Wüstenregion bringt, die schon nach weiteren knapp 100 Kilometern zu Saudi Arabien wird, fragt, was man auf solchen Fahrten wohl immer gefragt wird: Is it your first visit?, und er zählt auf, was man unbedingt gesehen haben muss: Petra, Aqaba, the Death Sea, Mountain Nemo. In der Tat wollen wir uns all diese Ziele - möglichst zu Fuß - erschließen, wohlwissend, dass dafür die Zeit recht knapp ist.
Ein Highlight ist mit Sicherheit das Wadi Rum. Es liegt auf 800 Metern Höhe, bietet angenehme 30 Grad und besticht durch die bizarren Formen des erodierten roten Sandsteins, der auf einem Sockel aus grauem Granit steht. Lawrence v. A. benannte eine Formation als die „Sieben Säulen der Weisheit". In ihnen beginnt unsere Wüsten- bzw. Bergwanderung. „The Bridge" trennt dann die Spreu vom Weizen: nur Wolfgang und Jürgen trauen sich zu, sie in luftiger Höhe zu überqueren. Aber es muss ja auch jemand unten bleiben zum Fotografieren... Weichester Wüstensand kombiniert mit gewaltigen Felsen – welch verzaubernde Kombination der Natur!
Einige Tage danach: Leben im und am Wasser. Im reißendes Wasser führenden Wadi Mujib sichern wir uns mit Seilen und arbeiten uns so Meter für Meter durch eine gigantische Schlucht vor bis zum Wasserfall.
Wenig später: ein „Bad" auf 406 Meter unter NN im Toten Meer. Jeder noch so kleine Ritzer in der Haut brennt höllisch in dieser Salzlake. Keine wirkliche Badefreude!
Während Moses vom 800 Meter hohen Berg Nebo aus „das Gelobte Land" bzw. in 28 Kilometern Entfernung Jericho erblickte, reifte schon hier die Idee, im nächsten Jahr genau dorthin mit dem Fahrrad zu fahren: nach Israel. Wir jedoch haben in den folgenden Tagen noch einen aufregenden Abstieg im Naturreservat von Dana (1.500m) hinab nach Feynan vor uns. Gefährlicher Fehler: Oben nass, kalt und neblig – Unterschätzung des Wasserbedarf unten in der trockenen Hitze. Mansurah bleibt unerreicht, Abbruch dieser Etappe aus Wassermangel.
Petra wurde und wird unzählige Male beschrieben. Ich belasse es bei einem Rat. Nimm dir sehr lange Zeit und verlasse auf dem schnellsten Weg die üblichen touristischen Pfade. Sehr schnell verweisen mangelnde Kondition, Zeitdruck durch wartende Reisebusse und Flip-Flop´s an den Füßen die „Masse Mensch" in ihre Schranken, und schon findest du Einsamkeit und Stille und dadurch die Möglichkeit, zurück zu fühlen in die Epoche der Nabatäer vor über zweitausend Jahren.

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Israel 2009

Tausend Kilometer Grenz-Erfahrung auf dem Bike
(Reisepartner: Wolfgang Lübke)

Der Grundstein für diese Reise wird ein Jahr zuvor gelegt. Meine drei Wegbegleiter und ich sitzen nach einer Wanderung durch das Wadi Rum an der Amman Tourism Beach am jordanischen Ufer des Toten Meeres (siehe Jordanien 2008). Auf der anderen Seite des schmalen glitzernden Salzsees machen wir Jericho aus. Greifbar nahe. Keine 20 Kilometer entfernt. Jedoch in Israel. Nächstes Jahr. Per Bike. Einmal ganz rum.
Es wird eine sehr besondere Fahrradtour. In einem Autoland. Dessen Autobahnen wir am Sabbat nutzen, weil kein Auto unterwegs ist. Einem Land voller Bunker in den Städten und mit Sandsäcken vor den Kitas als Schutz für die Wachen. Auf den Veranden schnuckeliger Einfamilienhäuser stehen immer Grill und Schnellfeuergewehr nebeneinander. In den Youth Hostels begleiten zwei, drei halberwachsene Schüler ihre kleinsten Schulkameraden auf Klassenfahrten mit Karabinern. Vor jeder Einkaufspassage Körper- und Taschenkontrolle. Und wir auf nackten Rädern mittendrin. Nein, genauer gesagt, immer am Rande des Landes, in Grenznähe. Einmal rum.
Tel Aviv, Haifa, Nahariya – noch ist „die Welt in Ordnung". Urlaubsstimmung am Mittelmeer. Doch auf den nicht enden wollenden Serpentinen entlang der gesamten Grenze zum Libanon ist die Kriegssituation nicht mehr zu übersehen. Auf der anderen Seite des Bergkamms liegt die Hisbollah. Ein gepanzerter Schulbus mit kugelsicheren Scheiben überholt uns. Der Speichenbruch genau hier testet die Nervenstärke. Ich habe sie kaum noch.
In Kiryat Sh´mona erreichen wir unseren nördlichsten Punkt und damit die Ausläufer der Golan Höhen. Syrien. Quellgebiet des Jordan. Nun wird die Orientierung einfacher. Wir folgen dem Fluss, der uns immer nach Süden zuerst zum See Genezareth und dann ans Tote Meer bringt. Entgegen unseren Plänen von vor einem Jahr besuchen wir auf unseren schutzlosen Rädern nicht Jericho. Steine werden geworfen hier im Westjordanland, das wir nicht umfahren können. Wir machen Tempo.
Nach 70 Kilometern verlassen wir die schwüle Meeressenke, die bis zu 420 Meter unter NN verläuft. Und schon stehen wir vor einer neuen Herausforderung: 220 Kilometer Wüste (Negev) liegen vor uns. Zum Glück unterstützt uns ein kontinuierlicher Nordwind auf unserem Weg nach Süden. Links – oft nur wenige Meter entfernt: Jordanien. Rechts nur selten eine Tankstelle: Wasser, Nahrung, Energieriegel. Und mittendrin: Staubwolken von Panzern.
Am Roten Meer in Eilat schauen wir ins 4. Grenzland: Ägypten. Die Kräfte sind erschöpft, das Ziel erreicht, der Weg zurück, gerade in der Nähe vom Gaza-Streifen, ist im Auto sicherer. Und zugegeben: Die Abstecher ins historische Massada (Massenselbstmord jüdischer Freiheitskämpfer gegen die Römer), nach Mitze Ramon (tiefster Erdeinbruch der Welt) und Jerusalem (ausgerechnet während des Papstbesuches von Benedict XVI) wären dann doch zu viel gewesen.

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Tansania 2011

Auf deutschen Gleisen an den Tanganjika-See
(Reisepartner: Dierk Resech)

Wieder war es eine Geschichte, die die Entscheidung auf eben dieses Land fallen ließ: im D-Radio wurde von der „Graf von Goetzen" berichtet, die von der Meyerwerft im norddeutschen Papenburg als Fracht- und Truppentransporter gebaut, in Deutschland nie zu Wasser gelassen, sofort wieder zerlegt und in 5.000 Kisten verpackt nach Dar Es Salaam verschifft wurde. Auf deutschen Gleisen setzte sie dann ihren Weg fort bis nach Kigoma an den Tanganjika-See. Als im ersten Weltkrieg die Deutschen dann auch in dieser Region den Rückzug antraten, ölten und fetteten sie das neue Schiff ein und versenkten es mit der Hoffnung auf baldige Bergung. Heute – 100 Jahre später - fährt es unter dem Namen "La Liemba" als Passagierschiff zwischen Tansania und Sambia auf dem längsten Süßwassersee der Welt.
Somit ist klar: wir werden genau diese Bahnstrecke zurücklegen vom Indischen Ozean bis zum Grenzsee zum Kongo. Drei Tage, zwei Nächte sind wir unterwegs. 1.300 Kilometer für 30 Euro. Erste Klasse und dennoch pures Abenteuer. Dierks Kopf auf der oberen Pritsche liegt am Ratten-Highway im Kabelkanal, meiner wird von Kakerlaken umwandert. Bestenfalls. An einem Morgen müssen wir undefinierbare, dünn blutende Bisse am Hals behandeln. Das Dinner besteht aus kalten Spaghetti, Spiegelei und Toast, doch jedes Mal zelebrieren wir es. Uns geht es trotz des erforderlichen minutenlangem Luftanhaltens in den stinkenden Toiletten prima. Am Tag durchqueren wir gemächlich alle Klimazonen vom Ozean über Steppen und Savannen durch den Urwald in die Tropen, ja sogar Berge. Begleitet von einer Kette deutscher Bahnhöfe, Essenständen auf den Gleisen, winkenden Kindern, Schlammpfaden im Tropenregen. Nachts müssen wegen der Passagiere auf dem Waggondach die Fenster von innen verbarrikadiert werden. Dann: der Tanganjika-See. Kigoma. Ich erfülle mir nun den langersehnten Wunsch, einmal im Osten Afrikas auf einer Veranda zu sitzen, wie in „Jenseits von Afrika". Wir finden in Kigoma das sündhaft teure HillTop Hotel. Genau so wie ich es mir vorgestellt habe: Affen auf dem Geländer, Vogelrufe im Dauergrün, greifbar nahe weidende Zebras, Blick aufs Wasser und – natürlich – der typische Schaukelstuhl...
Wie haben David Livingstone und Henry M. Stanley, die sich hier in Ujiji vor über 150 Jahren trafen, diese Welt wohl erlebt: „Dr. Livingstone, I presume!"
Weiter auf roter Piste. 550 Kilometer mit dem Bus nach Mwanza an den mit Bilharziose verseuchten Lake Victoria. Wahrhaftig ein „Meer" im Herzen von Afrika. Ein deutscher Friedhof mit Deutschengräber um 1900. Das Filmschiff „African Queen" (Humphrey Bogart/Katherine Hepburn) liegt hier als Botel festvertäut. Kontrastprogramm: am Tag einen Drink schlürfen und das Tropengewitter bei einer Zigarre vorbeiziehen lassen, abends in einer Art Puff-Hotel (Geita-Lodge) im Stadtzentrum ins Bett gehen und die 1. Adventskerze auspusten!
Und wieder in den Bus steigen, sechzehn lange Stunden. 1.100 Kilometer. Zurück nach Dar und gleich weiter mit dem Schiff nach Sansibar. Stone Town. Graue Häuser, Mauerrisse. Engste Strasse, oft nur einseitig passierbar. Das ganze Zentrum eine verwirrende „Fußgängerzone". Prachtbauten verfallen, seit die reichen arabischen und indischen Händler vertrieben wurden. „Wazungu! Wazungu!" rufen uns die Kinder hinterher, wenn wir durch Viertel schlendern, in die sich kein Tourist mehr verirrt. Immer wieder ein Blick auf den Indischen Ozean, die traditionellen Dhaus, Garküchen, Gewürzstände (Nelken). Und schließlich das Geburtshaus von Freddy Mercury (Queen).

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"Der Grenzgänger" 2007 -2014ff

Auf der Grenze zu Fuß um Deutschland
(Reisepartner: Aleyna Möller und Manfred Hanke, abschnittsweise)

12. Mai 2007 – ich entnehme der grauen Ostsee genau in der gedachten Verlängerung des Netzes, das am Strand die Grenze zwischen Deutschland und Polen markiert und kurz vor dem Wassersaum endet, einen Stein. Ich weiß nicht, ob und wann ich ihn genau an dieser Stelle der Ostsee zurückgeben werde. Ich weiß nur, dass meine längste Wanderung – in Etappen aufgeteilt – etwa 3.800 Kilometer lang sein wird, die Länge aller Landesgrenzen zu Deutschland. Ich möchte „Grenzgänger“ werden, den Umfang und die Größe meines Heimatlandes mit den eigenen Füßen erfassen. So grenznah und so langsam wie möglich.

Noch kenne ich jenen begnadeten Journalisten Wolfgang Büscher, fast mein Jahrgang, nicht, der scheinbar genau meine Gefühle, jedoch kombiniert mit seinem fundamentalen unaufdringlichen Hintergrundwissen, in seinem Buch „Deutschland, eine Reise“ niederzuschreiben scheint. Auch er wanderte abschnittsweise auf deutschen Grenzpfaden, allerdings nicht komplett; so wie ich es jetzt plane ohne allerdings zu wissen, ob ich es in diesem Leben noch schaffen werde.

Irgendwann war ich es leid geworden, immer wieder festzustellen, dass ich diesen Wanderweg oder jene Radwanderstrecke in Deutschland bereits „gemacht“ hatte. Ich suchte etwas ausreichend Langes, etwas, das unterbrochen und zu gegebener Zeit wieder fortgesetzt werden konnte. Etwas, das etliche Jahre dauern würde, das aber in der mir verbleibenden Lebenszeit und mit der erforderlichen körperlichen Kondition noch im Bereich des Möglichen liegt. Und etwas, das möglicherweise gar ein Ersatz für den spanischen Jakobsweg ist, den ich immer zu gehen plante, wegen der menschlichen Übersättigung jedoch letztlich verwarf.

Im Sommer 2014 sind die deutsch-polnische sowie die deutsch-tschechische Grenze absolviert. Passau ist erreicht und damit die Grenze zum dritten Nachbarstaat. Die Palette der unterschiedlichen Landschaften ist mittlerweile ebenso reichhaltig wie durch die sich immer wieder verändernden Dialekte bunt angemischt. Die Gerüche, die Gebräuche, die Sorgen der Menschengruppen, deren Speisen und Getränke, sie alle sind kaum auf Fotofestplatten zu speichern, aber sie bleiben mir in meiner Erinnerung erhalten. Gespräche über Wölfe vorm Schultor, eine offen flatternde Reichskriegsflagge, grenzüberschreitende Freundschaften – unzählige Eindrücke schon auf den ersten 1.300 Kilometern, dem ersten Drittel meiner Schatzsuche immer am Rande des Landes, aus dem ich komme. Und dennoch verbleiben mir zweieinhalbtausend Kilometer, bis ich der Ostsee ihren Stein zurückgebe…

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Kamerun-Gabun 2015

Zwischen Boko Haram und Albert Schweitzer
(Reisepartner: Dierk Resech / Fotos teilweise: Dierk Resech)

Vor Jahren hatten Dierk und ich die Idee der „OTO-Tour". Gemeint war damit „Ocean to Ocean", nämlich eine Reise von Kamerun am Atlantischen Ozean quer durch den Kontinent zum Indischen Ozean. Doch die politischen Umstände in der östlichen Demokratischen Republik Congo (DRC) lassen es nicht zu. 2011 reisen wir deshalb vom Indischen Ozean bis an die Grenze der DRC. Dieses Jahr starten wir unsere Reise – immer wieder den Äquator berührend – von Westen und damit vom Atlantischen Ozean her.

Yaounde, die Hauptstadt Kameruns mit etwa so vielen Einwohnern wie Hamburg, ist dabei unser Ausgangspunkt. Notgedrungen können wir von hier aus nur gen Süden reisen, wenn uns auch schon immer der 1.000 km lange Weg nach Norden bis an den Tschadsee weitaus mehr interessiert hätte. Aber hier sorgt die Terrorgruppe Boko Haram für Unruhe. Es wäre Wahnsinn hierher zu fahren. Also verbleiben uns im September kurz vor der Regenzeit nur noch die letzten 200 km bis an die Grenze von Gabun. Doch auf diesen wenigen Kilometern und in dieser kurzen Zeit in Kamerun bekomme ich einen Eindruck davon, was passiert, wenn Terror oder allein die Angst vor Terroranschlägen die Oberhand über ein Volk gewinnt. Überall, vor und in Banken, Geschäften, Busstationen, Hotels, auf der Piste: Leibes- und Gepäckkontrollen. Motor- und Kofferraumkontrollen. Waffen stets am Mann. Einmal springt einer Frau neben mir im engbesetzten Bus knallend der Korken von der Sprudelflasche – sofort höre ich mehrfach die Worte Boko Haram, Boko Haram...!

So wird Gabun zum Schwerpunkt unserer Reise. Insgesamt legen wir um die 3.000 Kilometer im öffentlichen Personennah- und -fernverkehr zurück. Davon viele, viele hundert Kilometer im geschlossenen Regenwald, dem größten zusammenhängenden Regenwald Afrikas. Öffentlicher Personenverkehr heißt immer: sehr (!) eng in, nach unseren Maßstäben, hoffnungslos überfüllten Kleinbussen. Es heißt aber auch: scheinbar endlos lange Fahrten. Unsere längste dauert 21 Stunden am Stück. Und das wiederum bedeutet: schon am Vorabend möglichst wenig essen und am Reisetag auch nichts trinken. Schlichte Toilettengangvermeidung. Dennoch ist auch eine solche Fahrt ein besonderes Erlebnis – am Ende, so sagt Dierk zutreffend, verlässt man irgendwie seine mittlerweile vertraute „Busfamilie".

Fast schon echter Luxus sind dann die beiden Schiffstouren, einmal im Katamaran von Libreville nach Port Gentil (ca.155 km), das nur über einen sehr großen beschwerlichen Umweg Straßenanbindung an den Rest des Landes hat, und anschließend im Flachrumpfboot 280 Kilometer auf dem vom Mangroven-Urwald gesäumten Fluss Ogooué bis nach Lambarene. Glücklicherweise direkt im Albert-Schweitzer-Hospital ereilt mich der übliche 2-Tage-Durchfall. Hier kann man mal durchatmen. Hier ist es wunderschön. Hier endlich kann ich das Grab und den immer noch existenten Geist eines Jugendvorbildes aufspüren. Hier wirkte Dr. Albert Schweitzer von 1913 bis zu seinem Tod 1965.

Und auch der Wunsch, nach früheren Eisenbahnfahrten in Tunesien, Mauretanien und Tansania nun auch in den „Transgabonais" („L´Equateur") steigen zu können, geht in Erfüllung: 670 Kilometer fahren wir bis nach Franceville in der Nähe der Grenze zum Congo.

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Michael Kuntze mit Einheimischen in der Bahn

 

Voll gepacktes Fahrrad