Die Wüste
Seit jeher habe ich in der Wüste nicht nur Bedrohung und Lebensfeindlichkeit gesehen. Im Gegenteil: da ich ihr nie die umfassende Macht über Leben und Tod dort draußen strittig machen, da ich sie nie betrete mit der Absicht ihr zu trotzen oder sie gar zu überwinden und zu besiegen, sondern ihr stets mit Respekt und Demut begegne, kann ich auch immer die von ihr überall gesetzten Grenzen akzeptieren und sie dennoch genießen. Stets begleitet mich ein kleines aber spürbares Stückchen Angst, das mich jedoch nicht einschränkt sondern wachsam hält. Ich weiß: jeglicher Einbruch der 4 lebenswichtigen Säulen:
Navigation, Gesundheit, Wasser, mentale Stärke
würde verheerende Folgen haben können, und sei er noch so klein. Also ist ständige Wachsamkeit gefragt. Die Faszination der einsamen Wanderungen durch das Sandmeer besteht für mich in deren Unmittelbarkeit und Reduzierung auf den Augenblick.
Während wir in unserem gewohnten Alltag vielfach auf mittlere oder gar Fernziele hinarbeiten und dabei das Jetzt häufig übergehen, würde dies zu schneller Entmutigung in einer Umgebung führen, wo man bisweilen morgens schon den Punkt sehen kann, den man abends trotz erheblicher Anstrengung noch immer nicht erreicht hat. Gebe ich mich jedoch in den unmittelbaren Augenblick meiner Schritte, erlebe ich alles umso intensiver und kehre zu den archaischen Grundgefühlen der Menschheit zurück: Körper, Natur, Geist, Gedanken, Emotionen, aber auch Fortbewegung um des Überlebens willen, sparsamer und schonender Umgang mit knappen Ressourcen, Wert des Feuers. Nichts, was nicht wirklich entscheidend ist, treibt mich voran: keine äußerlichen Verpflichtungen, kein Prestigedenken, keine Karrierepläne, keine Konventionen, keine Zeitabsprachen, keine Trophäen welcher Art auch immer. Im Gegenteil: ließe ich mich von ihnen bestimmen, könnte das in dieser Umgebung zu einem schnellen Ende werden. Nein, der einzige wirkliche Antrieb, die Oase zu erreichen, ist das schlichte (Über-) Leben.
